SÜDKURIER: Ein Ehepaar aus Allensbach verschenkt sein Haus, weil es keine Erben gibt

Südkurier ALLENSBACH 25. September 2020, 19:30 Uhr

Ein Ehepaar aus Allensbach verschenkt sein Haus, weil es keine Erben gibt

Zwei Allensbacher regeln bereits ihren Nachlass und überlassen ihr Haus der Bürgerstiftung. Sie dürfen weiterhin darin wohnen, wollen aber frühzeitig etwas zur Förderung sozialer und kultureller Projekte tun.

Ein Ehepaar im Ruhestand, ohne Nachkommen. Da stellt sich die Frage, was mit dem Eigentum einmal geschehen soll. Uta und Kurt Müller aus Allensbach haben eine Antwort gefunden: Sie übertrugen ihr Mehrfamilienhaus der Bürgerstiftung Allensbach.

Die StiftungDie Bürgerstiftung Allensbach ist im Jahr 2008 von der Gemeinde Allensbach und der Bezirkssparkasse Reichenau zur Förderung des gesellschaftlichen Lebens gegründet worden. Für Bürgermeister Stefan Friedrich ist die Idee heute aktueller denn je: „Wir zeigen mit unserer Stiftung eine Alternative zu anderen Formen der Vererbung auf. Bei uns weiß der Zustifter, wo das Vermögen bleibt und wie die Erträge eingesetzt werden.“ Geld gibt es für Vereine für soziales Engagement, für Akteure der lokalen Kultur sowie Sportvereine.

Die beiden Vorsitzenden der Stiftung, Sparkassen-Direktor Johann Roth und Bürgermeister Stefan Friedrich, sprechen von einem „Glücksfall“. Die Stifter haben ihre Schenkung mit der Vorgabe verbunden, Erträge aus ihrer „Müller-Rönnefahrt-Stiftung“ ausschließlich für soziale, ökologische und kulturelle Projekte in der Gesamtgemeinde zu verwenden. Das ist das zentrale Anliegen ihrer Zustiftung unter dem Dach der Bürgerstiftung.

Es ist das Elternhaus

Der gebürtige Allensbacher Kurt Müller (75) und seine Frau Uta (73), geborene Rönnefahrt, wollten ihren Nachlass laut einer Pressemitteilung selbst regeln. Kurt Müller entstammt einer alten Allensbacher Handwerkerfamilie, das Elternhaus in der Radolfzeller Straße baute er zu seinem Wohnsitz aus und brachte darin fünf weitere Drei-Zimmer-Wohnungen unter.

Das Ehepaar hat lebenslanges Wohnrecht für die von ihnen bewohnten Gebäudeteile. Warum die Schenkung an die Bürgerstiftung? Weil diese genau die Absichten verfolge, die den Müllers wichtig sind. Selbst auf vielfältige Weise von der öffentlichen Hand auf ihrem Lebensweg gefördert, wünschen sich beide diese Hilfen auch für die heutige Generation.

Hilfe bei eigener Fortbildung

Die Finanzierung höherer Bildungsabschlüsse, das Heranführen an die Musik, beides war in einem Handwerkerhaushalt der 1950er und 1960er Jahre nicht ohne weiteres möglich. Kurt Müller erinnert sich dankbar an die Politik der Bildungsförderung der 1960er- Jahre, die ihm ein Studium ermöglichte.

Auch Uta Müller bekam nach der Flucht ihrer Familie 1961 aus Ostdeutschland an den Bodensee neue Chancen: Sie konnte einen höheren Schulabschluss nachholen und eine Ausbildung absolvieren. Beide waren beruflich im sozialen Bereich tätig. Seit Jahren engagiert sich Uta Müller in der Altenarbeit, Kurt Müller war in der örtlichen SPD und als Gemeinderat aktiv.

Förderung von Museum und Vereinen

Die Bürgerstiftung habe mit der Schenkung ein Vermögen erhalten, das unabhängig vom Finanzmarkt regelmäßige Einnahmen garantiere, werden Johann Roth und Stefan Friedrich in einer Pressemitteilung zitiert. Diese Zuflüsse seien notwendig, um den Zweck der Allensbacher Bürgerstiftung auf Dauer zu erfüllen. Im kulturellen Bereich werden beispielsweise das Mühlenweg-Museum und der Skulpturenpark unterstützt. Oft seien die Zueignungen mit dem Wunsch einer zielgerichteten Verwendung gefunden, heißt es in der Pressemitteilund.